Um den Pflegenotstand zu bekämpfen und Gesundheitsberufe attraktiver zu machen, ist es nötig, die Zahl der Studierenden in den nächsten Jahren deutlich zu erhöhen. Dafür müssen die Angebote an die Bedürfnisse der jungen Menschen angepasst werden. Das Team K schlägt eine Außenstelle der Claudiana in Bruneck oder Brixen vor. Eine wohnortnahe Ausbildung in enger Zusammenarbeit mit den Krankenhäusern vor Ort, kann eine Maßnahme sein, junge Menschen zu motivieren, einen Pflegeberuf zu ergreifen. Außerdem könnte eine Kooperation mit der Fachhochschule für Gesundheit in Tirol angedacht werden.
Es wird viel über Ärzte- und Pflegenotstand berichtet. Vor allem bei den Krankenpfleger/innen ist die Personalsituation bereits heute nicht rosig, es gibt nicht genügend qualifizierte Pflegerinnen und Pflege. “Grund für den Mangel sind vor allem die Arbeitsbedingungen: Schichtdienste, starke körperliche und psychische Belastungen, seit Jahren gleichbleibende Löhne und wenig Wertschätzung bei hohem Stress”, erklärt Maria Elisabeth Rieder vom Team K.
Krankenpfleger/innen arbeiten in den Krankenhäusern, im Territorium, in Alters- und Pflegeheimen. In den kommenden Jahren treten ca. 450 Pfleger/innen in den Ruhestand, gerade mal 97 Absolventen brachte die Claudiana im Jahr 2019 hervor. Vergleicht man die Absolventenzahlen der verschiedenen Bezirke, so steht der Osten des Landes deutlich schlechter da. Auch wenn die Bevölkerungsdichte im Bezirk Bozen größer ist, so hat der Osten des Landes vier Krankenhäuser und zahlreiche Pflegeeinrichtungen in denen händeringend nach Personal gesucht wird. Die Landesfachhochschule für Gesundheitsberufe Claudiana schafft es offensichtlich nicht, genügend junge Menschen für den Pflegeberuf zu begeistern. Dazu kommt, dass die Abgängerinnen und Abgänger nach Abschluss der Claudiana oft lange auf eine Anstellung im Südtiroler Sanitätsbetrieb warten.
“Es erreichen uns viele Statements von Studierenden, Studienanwärter/innen und Krankenpfleger/innen, die auf die Sprachproblematik hinweisen. Viele junge Südtiroler/innen, die Krankenpflege studieren möchten, haben die Hemmschwelle, dass die Dozentinnen und Dozenten an der Claudiana großteils in italienischer Sprache unterrichten” spricht Rieder von den Schwierigkeiten der Ausbildung. Offensichtlich ist unser Bildungssystem nicht in der Lage, ausreichend Sprachkenntnisse zu vermitteln. Hier ist die Claudiana gefordert, diese Rückmeldungen ernst zu nehmen, und entsprechende Maßnahmen zu setzen. Es soll verhindert werden, dass sich junge Menschen für eine andere Berufsausbildung entscheiden oder nach Österreich gehen und dann selten wieder zurückkommen.
In Tirol wurde mit der Akademisierung der Ausbildung die Fachhochschule für Gesundheit (FHG) eingerichtet. Diese bietet das dreijährige Laureat in verschiedenen Pflegeberufen an Standorten in ganz Tirol an. Jeder Ausbildungsstandort ist mit einem Krankenhaus verknüpft und bietet eine wohnortnahe und professionelle Ausbildung an. Unabhängig vom Unterricht in deutscher Sprache ist an der FHG der Praktikumsanteil höher als an der Claudiana. Die Studiengebühren in Österreich sind zudem deutlich niedriger als in Italien, die Wohn- und Lebenskosten im Vergleich zu Bozen ebenfalls.
“Im Zuge meiner Recherche habe ich festgestellt, dass die Informationen über die Fachhochschule für Gesundheit im Netz viel übersichtlicher sind als jene der Claudiana”, erklärt Maria Elisabeth Rieder. Die Webseite ist übersichtlich gestaltet und alle notwendigen Informationen finden sich relativ schnell. Dies entspricht dem Zeitgeist junger Menschen, die sich hauptsächlich über das Internet informieren. Schnell und unkompliziert wird klar, wie das Studium gestaltet ist und was Studierende erwartet. An der Claudiana hingegen wartet nach bestandener Aufnahmeprüfung bei der Einschreibung die nächste Hürde: Studierende schreiben sich in der Regel an der Universität Verona ein, die den Studiengang an der Claudiana anbietet. Das beinhaltet die Suche nach Information auf der Webseite der Universität Verona und die Einschreibung an dieser Universität. Dazu braucht es verschiedene Dokumente, unter anderem die ISEE, das staatliche Äquivalent der EEVE.
“Die beschrieben Probleme treiben immer mehr Südtirolerinnen und Südtiroler ins Ausland. Vor allem für das Pustertal ist der Ausbildungsstandort Lienz, der im Herbst aktiviert wird, äußert attraktiv”, ist Rieder überzeugt. Es gibt immer weniger Studenten aus den östlichen Landesteilen an der Claudiana, daraus müssen Konsequenzen gezogen werden. Eine dezentralisierte Ausbildung, mit Außenstelle in Brixen oder Bruneck und eventuellen Kooperationen mit der Fachhochschule für Gesundheit in Tirol, könnte diesen Ängsten entgegenwirken.
Dieser Beschlussantrag des Team K wird in der nächsten Sitzungswoche des Landtages diskutiert. “Wenn die Ausbildung vor Ort an Außenstellen erfolgt, werden auch die peripheren Krankenhäuser und Pflegestrukturen wieder gestärkt”, meint Rieder, “außerdem wäre neben der Kooperation mit der Universität Verona auch eine Kooperation mit der FHG interessant.”